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«It’s never too late»
Golf im Seniorenalter
Artikel von Dr.med. Martin Lauterburg in DRIVE, das Magazin zum Golfsport, Ausgabe September 2002, S. 54-57.
Golf hat gegenüber fast allen anderen Sportarten einen entscheidenden Vorteil: Es kann bis weit ins Rentenalter hinein praktiziert werden. Damit der Spass jedoch auch im Alter möglichst ungetrübt ist, gilt es, gewisse körperliche Einschränkungen durch ein regelmässiges Training zu kompensieren.E in Golferleben verläuft in zwei Phasen. Wenn man jung ist, hat man das Potenzial, aber meist keine Möglichkeiten, und wenn man älter wird, besitzt man zwar die Möglichkeiten, aber das Potenzial nicht mehr. Junioren können Bälle zwar 250 Meter vom Tee abschlagen, doch Ausbildung, Schule und Arbeit erschweren häufig ein regelmässigeres Trainieren oder Spielen. Mit zunehmendem Alter und vor allem als Rentner und Rentnerin hat man hingegen das Glück, häufiger Golf spielen zu können. Doch dann beginnen die körperlichen Grenzen das Golfen langsam zu limitieren. Trotzdem sind gerade die Zuwachsraten an Spielenden im Alter von 50 bis 59 Jahren recht hoch. In den USA spielen die über 50-Jährigen sogar 50% aller Golfrunden, obschon sie anteilmässig nur etwa 25% aller Golfspieler darstellen.Aus Untersuchungen geht hervor, dass das Alter eines Athleten, in dem er den Höhepunkt seiner Leistung erreicht, konstant und zudem je nach Sportart auch recht unterschiedlich ist. So haben z.B. Schwimmer mit 19 Jahren, Sprinter mit 23 Jahren,Tennisspieler mit 24 Jahren, Langstreckenläufer mit 27 Jahren und Baseballspieler mit 28 Jahren ihren leistungsmässigen Höhepunkt erreicht. Golferinnen bzw. Golfer erreichen ihr Leistungsmaximum mit 30 bzw. mit 31 Jahren. Nicht stoppen, aber verlangsamen Wir müssen uns früher oder später mit der Tatsache abfinden, dass infolge des Alterungsprozesses die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems abnimmt, ein Kraft- und Beweglichkeitsverlust auftritt und nicht zuletzt die Koordinationsfähigkeit schwindet. So nehmen das Atemvolumen, die Herzfunktion und die Sauerstoffsättigung, aber auch die Anzahl der Nervenbahnen und -verbindungen im Alter ab. Durch die verminderte Nervenleitgeschwindigkeit nimmt auch die Reaktionszeit ab. Gelenkknorpel verlieren ihren Wassergehalt, Gelenke ihre Schmiermittel sowie Gelenkkapseln, Sehnen und Bänder ihre Elastizität. Ab dem Alter von 30 bis 40 Jahren ist auch ein Verlust der Knochenmasse (Osteoporose) festzustellen. Männer verlieren durchschnittlich 0,5% ihrer Knochenmasse pro Jahr, Frauen vor allem nach der Menopause bis zu 2–3%. Hinzu kommt meist ab dem Alter von 60 Jahren auch ein Muskelschwund und ein einseitiger Rückgang der so genannten schnellen Typ-II-Muskel-fasern, was den Kraftverlust und die vermehrte und schnellere Ermüdbarkeit des Muskels im Alter erklärt. Diese Prozesse lassen sich zwar nicht aufhalten, aber durch eine gesunde Ernährung, Bewegung und Fitness wenigstens verlangsamen. Regelmässige Bewegung und Sport haben daher einen bedeutenden Einfluss auf die Erhaltung und Förderung der Gesundheit. Wer sich regelmässig und nachhaltig körperlich bewegt, reduziert sein Herzinfarktrisiko, die Entwicklung des Erwachsenendiabetes und das Risiko für Fettstoffwechselstörungen sowie für Übergewicht um ganze 50%! Zudem reduziert sich das Risiko für Bluthochdruck um 30%, und das Auftreten von Knochenschwund wird verzögert. Angst- und Depressionssymptome werden vermindert. Eine regelmässige Bewegung senkt nicht nur Dickdarmund Brustkrebsrisiko, sie ermöglicht älteren Personen vor allem mehr Jahre selbständigen Lebens. Von der WHO wird eine tägliche Bewegung von mindestens 30 Minuten empfohlen, wobei auch eine Aufteilung in drei Intervalle von 10 Minuten zu einem gleich günstigen Resultat führt. Um eine gesundheitswirksame Belastung zu erreichen, ist eine Anstrengung nötig, bei der Puls und Atemfrequenz leicht erhöht sind und das Sprechen noch möglich ist. Daher kann ein regelmässiges Golfen ohne Benützung eines Golfwagens alleine durch das Gehen bereits als ideale Betätigung betrachtet werden. Schultern besonders gefährdet Die körperlichen Belastungen beim Golfen stellen für den Kreislauf und den Bewegungsapparat aber auch ein Risiko dar, vor allem für ältere Spieler. Körperliche Gebrechen, eine schlechte körperliche Fitness und vor allem die Ermüdung der Muskulatur sind als Hauptursache für Verletzungen anzusehen. Deshalb ist z.B. Golfen für Menschen mit schwerer Osteoporose im Wirbelsäulenbereich zu gefährlich. Schon regelmässiges Golfen ohne Wagen kann durch das Gehen als ideale Betätigung angesehen werden. Seniorengolfer riskieren, wie jeder andere Golfer auch, durch die Überbeanspruchung beim exzessiven Üben und Spielen die typischen Verletzungen im Rücken- und Ellbogen- und Handgelenksbereich. Verletzungen im Bereich der Schultern und an der oberen Extremität kommen bei Seniorengolfern hingegen besonders häufig vor, wobei typischerweise die «führende» Schulter, d.h. die linke Schulter beim Rechtsspielenden, betroffen ist.Was im Grunde für alle Golfer und ihren belasteten Bewegungsapparat gilt, nämlich eine golfspezifische Fitness aufzubauen und regelmässig zu trainieren, um sich vor Verletzungen zu schützen, ist besonders für Golfende im Seniorenalter zu empfehlen. Trainingserfolge bei 80-Jährigen Dass es niemals zu spät ist mit dem Aufbau von Muskelkraft und Ausdauer sowie mit der Verbesserung der Beweglichkeit, sind sich verschiedene Studien einig. So konnte z.B. gezeigt werden, dass bereits nach 8 Wochen Kraft- und Beweglichkeitstraining Seniorengolfer über einen 50%-Kraftzuwachs verfügen und den Ball weiter schlagen können. In einer anderen Studie erreichten Senioren mit einem korrekten Muskelausdauertraining sogar gleichwertige Muskelleistungen wie jüngere Sportler. Eine Studie der Harvard University zeigte, dass sogar 80- und 90-Jährige durch ein regelmässiges Muskelaufbautraining innerhalb weniger Wochen eine massive Zunahme der Kraft um 180% und der Gehgeschwindigkeit um 50% erreichten. Bereits vier Wochen nach Beendigung des Muskeltrainings betrug allerdings der wieder eingetretene Kraftverlust bereits 33%. Dies zeigt klar zwei Dinge: Erstens ist es offensichtlich niemals zu spät, mit Muskeltraining zu beginnen. Andererseits verliert man ohne regelmässigen Gebrauch seines Bewegungsapparats unweigerlich seine Muskelmasse, damit Kraft und Ausdauer, seine Knochenmasse sowie seine Gelenksbeweglichkeit, ganz nach dem Motto: «If you don’t use it, you’ll loose it.» Beste Voraussetzung aber, um Golf auch im Seniorenalter auf hohem Niveau und mit tiefem Handicap spielen zu können, sind eine möglichst in jungen Jahren erworbene körperliche Fitness und Gesundheit, welche kontinuierlich aufrechterhalten wurden. Trotzdem limitieren mit zunehmendem Alter die körperlichen Grenzen den Golfschwung. So ist z.B. die durchschnittliche Rotationsgeschwindigkeit von über 50-jährigen Golfern nur noch halb so gross wie bei 20-jährigen. Wie ist es dann möglich, dass Seniorengolfer mit körperlichen Einschränkungen gleich gut golfen wie jüngere? Und wodurch unterscheiden sie sich von ihren gleich starken jüngeren Mitspielern? Dies untersuchte 1997 eine australische Studie, in der Golfer im Durchschnittsalter von 33,6 Jahren mit Golfern im Durchschnittsalter von 62,3 Jahren mit gleichem Handicap im Hinblick auf ihre psychomotorischen Fähigkeiten verglichen wurden. Obschon die jüngeren Golfer wie erwartet die Bälle weiter schlugen und weniger Putts pro Runde benötigten, konnten ältere Golfer offensichtlich durch ihr weniger risikofreudiges Spiel und durch ihre Spielstrategie bzw. Taktik diese körperlichen Nachteile problemlos wettmachen.Zudem liessen sich die älteren Golfer auch weniger stark durch negative Emotionen und Wahrnehmungen beeinflussen. Regeneration dauert länger Wer als Seniorengolfer möglichst lange mit den «Jüngeren» mithalten oder auch nur möglichst lange verletzungsfrei Golf spielen möchte,wird nicht um ein regelmässiges golfspezifisches Fitnesstraining herumkommen. Man beginnt besser bereits heute mit kleinen Herz-Kreislauf-Trainingseinheiten (2–3 Mal/Wo.), täglichen Dehnungsübungen und dem Aufbau der Muskelausdauer bzw.Muskelkraft (2–3 Mal/Wo.). Denn mit zunehmendem Alter erhöht häufiges Golfen im untrainierten körperlichen Zustand nicht nur Verletzungsrisiko und Verletzungsschwere; auch die Regenerationszeit nach einer Verletzung dauert im Alter länger.
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