Die Driving
Range ist nicht nur der Ort, wo Golfer zur Schule gehen und ihr Golf-ABC
erlernen, sie ist auch der Trainingsort, wo mit viel Fleiss und Schweiss
an der Schwungtechnik gearbeitet wird. Dass es
dabei neben Quantitäten auch auf die Qualität ankommt,
ist ausser einigen Unverbesserlichen, wohl den meisten klar. Wie aber kann
aus sport-medizinischer Sicht das golfspezifische
Training qualitativ optimiert werden, um möglichst effizient Fortschritte zu erzielen?
Um die Frage nach effizientem
Training zu beantworten, müssen wir zuerst verstehen, wie die «Maschine Mensch»
überhaupt motorische Bewegungen und Bewegungsabläufe lernt, speichert und
wiedergibt. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden,
dass erst durch Repetition, d.h.wiederholtes Trainieren, Bewegungen erlernt und
behalten werden können, bevor sie überhaupt effizient zur Verfügung stehen. Man
schätzt, dass es gegen 10 000 Einzelbewegungen bedarf, d.h. z.B. 110 Golfschläge
täglich während dreier Monate, um eine neue, gezielte Bewegung perfekt eingeübt
zu haben. Da unser Nervensystem immer aufs Lernen eingestellt ist, so als würde
der Videorecorder permanent auf Aufnahme stehen, ist es für Golfende nun
entscheidend, welche Bewegungsmuster auf der Driving Range trainiert
bzw.gespeichert werden («muscle memory»). Wir müssten daher eigentlich sehr
vorsichtig und zurückhaltend trainieren, sozusagen besser gar nicht trainieren
als lauter falsche Golfschwünge an einem «schlechten Tag». Da aber
Fehlschläge zum Lernen gehören und nicht zu vermeiden sind, besteht die
Effizienz auf der Driving Range darin, so kontrolliert und konzentriert zu
trainieren, dass möglichst wenige «falsche Golfschwünge » gespeichert werden.
Zwei Lernmethoden
Beim Lernen kann man zwei unterschiedliche Vorgehensweisen unterscheiden. Man
spricht von «explizitem Lernverhalten»,wenn z.B.durch Zuhören, Lesen oder
kognitives Verstehen gelernt wird, und von «implizitem Lernverhalten»,wenn dies
durch Ausprobieren, Erfahren und Erleben geschieht. Der eine versucht also, den
Golfschwung zu verstehen und geht deshalb in die Buchhandlung, kauft-sich eine
grosse Menge dicker Bücher, Videos oder Golf-Magazine und folgt den
Instruktionen bzw. Korrekturen seines Golflehrers.
Der andere, als treuer Autodidakt, nimmt den Golfschläger in die Hand und
beginnt zu Golfen, indem er ausprobiert, was funktioniert bzw. das zu imitieren
versucht, was er von anderen zu sehen bekommt.Welches dieser beiden Systeme beim
Golflernen besser
geeignet ist, haben Wissenschaftler in einer im Jahre 2000 publizierten Studie (Maxwell
JP et al. (2000). From novice to no knowhow: A longitudinal study of implicit
motor learning. Journal of Sports Sciences, 18, 111–120) untersucht,
in dem sie zwei Gruppen von Nicht-Golfern beim Putten analysierten. Die eine
Gruppe lernte das Putten durch implizites Lernen, d.h. die Teilnehmer erhielten
keine Instruktionen oder Informationen über das Putten, sondern benutzen ihre
eigene Technik. Die andere Gruppe wurde durch Instruktoren verbal instruiert und
korrigiert. Betrachtet man die Resultate nach über 3000 Putts, so erstaunt
einerseits, dass beide Gruppen am Ende gleich gute Resultate erreichten, und
andererseits, dass in der ersten Lernphase die explizit lernende Gruppe eine
bessere Lernkurve zeigte.
Bewegungen aktiv erlernen
Man nimmt an, dass dieser Vorteil dadurch zu Stande kommt, dass beim expliziten
Lernen Fehler schneller korrigiert werden können.Zusätzlich wurde aber auch
festgestellt, dass sich exzessives verbales Teaching eher negativ auf die
Lernkurven auswirkte. Offensichtlich ist das Erlernen von Bewegungen bzw.
Bewegungsabläufen nicht erklärbar, sondern muss getan werden, und Golflehrer,
die in ihrer Unterrichtsstunde zu viel verbal vermitteln und erklären, stören
eher optimales Lernen. Aber auch Alleintrainierende, die ihre Fehler schwieriger
korrigieren können, trainieren nicht optimal. Man sollte sich also sein
Golf-Wissen und sein Golfschwung-Verständnis vorzugsweise zuhause aneignen,
während auf der Driving Range Üben,Üben undnochmals Üben,angesagt ist, am besten
aber immer mit der Möglichkeit zur unmittelbaren Fehlerkorrektur.
Geist und Körper
trainieren
Das Training auf der Driving Range beginnt bereits zu Hause mit der Vorbereitung
und dem Erstellen eines Trainingsplanes bzw. der Definition eines
Trainingszieles. Zudem dürfen wir nicht vergessen, dass wir nicht nur nur den
Schwung selbst üben, sondern uns
auch eine so genannte Preshot-Routine aneignen müssen. Schlechte Golfer
unterscheiden sich von Guten u.a. dadurch, dass sie sich in der vulnerablen
Phase unmittelbar vor dem Schwung weniger gut konzentrieren können, bzw. eher
ablenken lassen. Daher müssen wir unbedingt lernen, Geist und Körper auch auf
der Driving Range strukturiert zu trainieren.
Die 10 wichtigsten Tipps für ein
effizientes Training auf der Driving Range
1. Trainieren Sie möglichst
ungestört an einem ruhigen Ort, damit Sie sich
auch konzentrieren können,bzw. nicht abgelenkt werden.
2. Beginnen Sie immer mit einem Warm-Up Programm
ohne Golfschläger. Investieren Sie 5–10 Minuten in eine
Aufwärm-Gymnastik Ihrer Wahl, die möglichst Arme, Rücken und Beine
miteinbezieht, und wechseln Sie dann auf Übungen, mit denen Sie mit Ihren
Armen den ganzen Golfschwung imitieren.Vergessen Sie nicht auch 5–10
Minuten zu dehnen.
3. Führen Sie zuerst Schwungübungen mit dem
Golfschläger alleine durch. In dieser Phase brauchen Sie noch
keine Golfbälle, kontrollieren Sie Ihre Körper-, Arm- und Schlägerstellung
in den 6 relevanten Schlüssel-Positionen. Es geht darum, durch
Visualisieren (Vorstellen) die Koordination des gekoppelten
Bewegungsablaufes während des Golfschwunges vorzubereiten bzw. zu
memorisieren (speichern). 1.
Ansprechposition,Ausrichtung 2. Rückschwung 3. vollendeter Rückschwung 4.
Vorwärtsschwung 5. Impactposition 6. Finish-Position
4.
Überprüfen Sie Ihre Körperhaltung in allen
Schlüssel-Positionen und ihre Körperbewegungen immer wieder vor
einem Spiegel,damit Sie Fehler nicht einüben.Hilfreich sind auch
Begleitpersonen,die Sie in Bezug auf Körperhaltung, Ausrichtung und
Bewegungen kontrollieren und korrigieren können.
5. Beginnen Sie defensiv und kurz zu spielen,
indem Sie bewusst locker und langsam schwingen. Achten Sie primär auf Ihre
Technik bzw. Ihren Rhythmus und nicht auf die Schlagweite. Setzten Sie
50–75% Ihrer Energie ein und schwingen Sie zum Beispiel Ihr Holz 3 bewusst
nur auf 120 Meter.
6.
Erstellen Sie sich ein Trainingsprogramm und
Trainieren Sie immer mit einem Tages-Ziel (z.B. gezielt
Verbesserung des kurzen Spiels, oder mittlere Eisen 7,6 und 5,bzw. ein
anderes Mal Abschläge mit dem Driver und dem Holz 3,usw.)
7. Geben Sie sich immer eine Aufgabe bzw. eine
Spielsituation, indem Sie sich den Fairway oder die Annäherung
auf’s Grün mit Bunkern vorstellen, oder indem Sie gezielt eine
Ballflugbahn (Draw bzw. Fade) üben. Ideal sind daher Driving Ranges, auf
denen von Abschlag aus verschiedene realistische Spielsituationen geübt
werden können.
8. Trainieren Sie immer nur unter Kontrolle der
Ausrichtung, und zwar sowohl von Ihrem Stand, von der
Spiellinie und des Zieles, indem Sie Schläger hinlegen, oder Linien mit
Hilfsmittel oder mit Kreidepulver markieren.
9. Führen Sie möglichst vor jedem Schlag Ihre
Preshot-Routine durch, um die Ausrichtung und den
Bewegungsablauf zu automatisieren, aber auch damit sich ihr Körper und
Geist durch das Ritual vorbereiten kann.
10. Respektieren Sie schlechte Tagesformen,
indem Sie das Training aufs Putten wechseln oder auch abbrechen, wenn Sie
feststellen, dass Sie körperlich oder mental nicht in der Lage sind, den
Golfschwung zu «fühlen».
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