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Blitzgefahr!

Artikel von Dr.med. Martin Lauterburg in DRIVE, das Magazin zum Golfsport, Ausgabe July 2002, S. 44-47.

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Vorbeiziehende Gewitter mit Blitz und Donner sind ein Naturspektakel, das sich alljährlich bei uns in den Sommermonaten wiederholt. Aus geschützter und warmer Stube betrachtet kann dies durchaus auch faszinierend sein, doch für den Golfer draussen auf dem Fairway besteht hingegen Lebensgefahr.

In den USA werden pro Jahr rund 500 bis 1000 Menschen beim Fischen, Bootfahren,Wandern, Campen, Biken oder Golfen vom Blitz getroffen (1 auf 300 000 Einwohner). Unter ihnen finden sich häufig Golfspieler aus Florida, weil einerseits in Florida eine erhöhte Gewitteraktivität herrscht und andererseits, weil Golfer jedes Jahr immer wieder die gleichen Fehler begehen, indem sie nicht rechtzeitig, d.h. vor Ankunft des Gewitters, sich in Sicherheit bringen oder fälschlicherweise unter einzelnen Bäumen Schutz suchen. Rund 10% der vom Blitz Getroffenen erleiden tödliche Verletzungen, in den USA sind es 70 Todesfälle pro Jahr und in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik etwa 5 Todesfälle jährlich, was im Vergleich zu Ländern mit hoher Gewitterdichte eindeutig zu viel ist.

Blitzschlag beim US Open

Golfgeschichte geschrieben haben 1975 Lee Trevino, Bobby Nichols und Jerry Heard am US Open in Chicago, als sie gleichzeitig vom Blitz getroffen wurden und verletzt überlebten, sowie 1991 das US Open in Hazeltine, als unter mehreren vom Blitz Getroffenen ein Zuschauer starb. Die Blitzgefahr wird seither von der United States Golf Association (USGA) und der PGA sehr ernst genommen. Mittlerweile sind auch alle Golfplätze auf der Tour mit Anlagen bestückt, die Blitze bereits auf eine Distanz von mehreren hundert Kilometern orten können, und im Mai 2002 ist in den USA erneut eine Kampagne zur «Sicherheit vor Blitzschlägen » lanciert worden.

Blitze entstehen durch elektrostatische Entladungen in Gewitterwolken, die meist im Rahmen von sommerlichen Wärmegewittern, an heissen Tagen mit hoher Luftfeuchtigkeit, oder bei vorbeiziehenden Frontgewittern auftreten. Typisch für Wärmegewitter mit Blitzaktivität sind die gigantischen Cumulonimbus-Wolken, die sich wie  Ambosse hoch bis in die Stratosphäre auftürmen können. Der über 30 bis 100 000 km/sek. (1/3 bis 1/10 der Lichtgeschwindigkeit) schnelle und bis zu 33 000 Grad Celsius heisse Blitz erzeugt in einem Zeitraum von einer tausendstel Sekunde eine Spannung von bis zu 10 Mio.Volt und einen Blitzstrom von über 200 000 Ampère. Blitzströme können Gegenstände schmelzen oder so erwärmen, dass leicht entzündliche Stoffe in Brand geraten oder explodieren. Nimmt der Blitz seinen Weg durch feuchte Wände, Balken oder Bäume, entsteht schlagartig Wasserdampf, der zur Explosion von Dächern und Wänden und Zerfetzung von Bäumen führt.

«When God wants to play through, let Him play through.»

Lee Trevino, US-Golfer

 

Gefährlich nur schon bei Nähe

Blitze können den Menschen nicht nur direkt am Körper treffen. Auch in unmittelbarer Nähe eines vom Blitz getroffenen Objektes besteht Gefahr durch Blitzüberschlag oder durch Explosions- und Brandverletzungen. Deshalb sind Personen, die sich unter Bäumen, neben Masten oder in der Nähe von Aussenwänden befinden, besonders gefährdet. Auch indirekt können Blitzeinschläge gefährlich werden.

Denn von der Einschlagstelle breitet sich der Blitz radiär in alle Richtungen im Boden und im Wasser aus und erzeugt an der Erdoberfläche zwischen den Füssen eine hohe Schrittspannung, wodurch Strom durch den Körper fliessen kann. Dadurch befindet sich ein Mensch auch noch in grösserem Abstand vom Einschlagsort in einer Gefahrenzone, die mindestens 20 Meter im Radius beträgt, aber auch weiter reichen kann. Dies ist der Grund, weshalb man bei Gewittern im Freien unbedingt in der Hockestellung die Füsse eng nebeneinander setzen soll, um die Schrittspannung so klein wie möglich zu halten.

Schwer berechenbar

Gewitter sind deshalb so unberechenbar, weil nicht jede Gewitterwolke auch eine Blitzaktivität aufweist und weil sowohl Ort als auch Zeitpunkt des ersten bzw. des nächsten Blitzeinschlages nicht vorhersehbar sind. Wird ein Mensch vom Blitz getroffen, so ist aus medizinischer Sicht die sofortige Alarmierung (Tel. 144) und die Leistung der ersten Hilfe wichtig, denn nur rund 10% erleiden tödliche Verletzungen, meist durch Herzstillstand oder Lähmung der Atemmuskulatur, während 90% den Blitzschlag überleben. Der Mythos, dass vom Blitz Getroffene noch elektrisch geladen sind, ist falsch. Die Verletzungen richten sich hauptsächlich danach, an welcher Stelle der Mensch vom Blitz getroffen wird und wo der Strom durch den Körper dringt. Der weitaus grösste Teil des Blitzstromes fliesst auf der Körperoberfläche und verursacht an den Einund Austrittsstellen Verbrennungen. Nasse Kleider werden aufgerissen.

Strom und Wärmeeinwirkungen können in den durchflossenen Körperteilen und im Zentralnervensystem Schäden verursachen. Häufig sind Gedächtnis-, Konzentrations- und Schlafstörungen sowie Seh- und Gehörstörungen. Gefährlicher als vorübergehende Bewusstlosigkeit sind Atem- und Herzstillstand mit Hirnschädigung sowie Schäden des Zentralnervensystems bei Stromfluss durch das Gehirn.

«If you can see it (lightning), flee it; if you can hear it (thunder), clear it.»

US lightning safety institute

Nicht warten, bis die Wolke da ist

Untersuchungen haben gezeigt, dass Blitze aus einer Gewitterfront in bis zu 10–15 km Entfernung auf die Erde einschlagen können. Das heisst, dass Gewitter, welche «nur» 10–15 km entfernt sind, bereits ein erhebliches Blitzrisiko darstellen. Viele Freizeitsportler, auch Golfer, sind sich dieser Gefahr nicht bewusst und glauben, dass heranziehende Gewitter erst gefährlich werden, wenn es aus den Wolken über ihren Köpfen regnet oder Blitze unmittelbar in der Umgebung einschlagen. Deshalb gilt die 30/30 Regel, die besagt, dass wenn zwischen sichtbarem Blitz und hörbarem Donner weniger als 30 Sekunden vergehen, die Gewitterfront bereits die gefährliche 10-km-Grenze unterschritten hat (Schallgeschwindigkeit rund 330 Meter/Sekunde) und Golfer sich in Sicherheit (z.B. Clubhaus) begeben sollten und erst 30 Minuten nach dem letzten Donner Entwarnung gegeben werden kann.

Nicht in der Gruppe bleiben

Golfplätze zählen aufgrund der einzeln stehenden Bäume und Baumgruppen, der freistehenden metallenen Fahnenstangen und der verwendeten Golfschläger bei einem Gewitter zu den gefährlichsten Orten. Wird man trotzdem von einem Gewitter im Freien überrascht, hat man ein Problem, denn sowohl unter Bäumen als auch auf dem Fairway ist man jetzt nicht mehr sicher. Golfer in Gruppen sollten sich verteilen und untereinander mindestens 3–5 Meter Abstand einnehmen. Ist keine Schutzhütte vorhanden oder das Clubhaus zu weit entfernt, besteht nur noch die Möglichkeit, in einem Wald oder in einer Geländemulde in mindestens 3–5 Meter Abstand von Stämmen und Astspitzen in der Hocke auf den Boden zu kauern, die Arme um die Beine zu schlingen und die Füsse dicht nebeneinander hinzustellen und die Golftasche samt Regenschirm weit von sich so lange auf den Boden zu legen, bis das Schlimmste vorbei ist.

Auf keinen Fall sollte man sich flach auf den Boden legen. Fahnenstangen auf den Greens und exponierte Geländeabschnitte sind bevorzugte Einschlagsorte, ebenso nasse Golfschläger oder aufgespannte Regenschirme. In falscher Sicherheit wähnt sich,wer glaubt, dass das Benützen von Regenschirmen mit einem Fiberglas- oder Kunststoffrohr, das Ausziehen von Schuhen mit Metall-Spikes oder das Benützen eines Golfwagens die Blitzgefahr verringern könnte.

Auch in Hütten in die Hocke

Schutzhütten aus Holz sind nur sicher, wenn sie mit einer Blitzschutzanlage mit Blitzableiter und isoliertem Boden ausgerüstet sind, ansonsten können sie bei Blitzschlag eher zur Falle werden. Auf jeden Fall sollten Sie sich in der Hütte in der Mitte aufhalten und die Hockstellung einnehmen. Unbedingt zu meiden sind Aufenthaltsorte unter einzelnen Bäumen oder am Waldrand, an exponierten und erhöhten Lagen auf Hügelkuppen, in der Nähe von Metallzäunen oder im Wasser. Es kann nicht genug wiederholt werden, dass Golfer sichere Orte wie ein Clubhaus frühzeitig vor Ankunft eines Gewitters aufsuchen sollten. Nicht umsonst erlaubt die Regel 6a II, das Spiel straflos zu unterbrechen, wenn durch ein Gewitter die Gefahr eines Blitzschlages als gegeben angesehen wird.  Wetterprognosen mit Radar- und Satellitenbildern unter www.meteoschweiz/de.

 

Kampagne: Während des "US Lightning Safety Awareness Week " vom 28. April bis 4. Mai 2002 ermahnte Spitzengolfer Rocco Mediate zu Vorsicht bei Gewittern auf dem Golfplatz.

 

 

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